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Melodien des 1823 reformierten Karnevals

Rund 100 Grundmelodien sind überliefert

Bis in das erste Jahrzehnt des vorvergangenen Jahrhunderts wurden Lieder in Kölner Mundart immer wieder auf sogenannte Grundmelodien geschrieben. Melodien, die einschlugen, erhielten Jahr für Jahr neue Texte. Hatte sich eine Melodie überlebt, verschwand sie - neue kamen auf. Im Grunde genommen war es Willi Ostermann, der dem Kölner Lied eine eigenständige Melodie gab. Seit seinem „Hit“ aus dem Jahre 1907 „Dem Schmitz sing Frau es durchgebrannt“ brachte Ostermann Jahr für Jahr neue Melodien - die „Konkurrenz“ machte es ihm notgedrungen bald nach und die inzwischen gegründete Verwertungsgesellschaft - Vorläuferin der Gema - sorgte mit dafür, dass die Melodie beim ursprünlichen Text blieb - oder umgekehrt. Das der ein oder andere schon einmal beim Konkurrenten Anleihen machte, war keine Seltenheit.
Rund 100 sogenannte Grundmelodien, die sich über Jahre und Jahrzehnte behaupteten, sind uns überliefert. Sie tragen zumeist Bezeichnungen, die an den Schöpfer (z.B. Leibl-, Radicati-Derckums-Melodie), ein im Lied besungenes Ereignis (z. B. Uberschwemmungs-, Lach-, Kirmes-Melodie) oder an den Lied-Titel (z B Schnüsse-Tring-, Kinderkräzzcher, Meß-Melodie) erinnern. Kein Wunder, dass besonders erfolgreiche Melodien insbesondere für Parodien herhalten mussten.

Verwendet für die Kölsche Evergreens

Die bekanntesten Melodien, die auch Verwendung bei den Liedern für die „Kölsche Evergreens“ fanden, werden hier kurz vorgestellt. Natürlich sind sie alle entsprechend bearbeitet und den heutigen Gegebenheiten angepaßt worden.

Denkst-du-daran Melodie und „Fordere niemand“
Die Melodie „Denkst-du-daran“ ist eine Weise von J.D. Doche. Diese Melodie war sehr beliebt, insbesondere bei Liedern, bei denen es sich um Erinnerungen, Abschied oder wehmütige Gedanken handelt. Die zweite Melodie taucht in Köln nur einmal auf, nämlich in den Jugenderinnerungen zweier Kölner“ auf Folge 3.

Herzens-Melodie
Sie stammt von Carl Leibl, der lange Jahre Domkapellmeister war. Die „Herzens-Melodie“ wurde zum echten Volkslied, wozu auch der Text von Prof. Firmenich-Richartz zum „Weegeleedsche för de kölsche Kinder“ beitrug. Leibls O-Jerum-Liedhat sich bis heute gehalten. In der Ouvertüre zu "Die Kölner inParis" hat Bernhard Breuer Teile daraus verarbeitet.

Kanone-Wedder-Melodie
Sie stammt von Bernhard Breuer, der in Köln als Musiklehrer an der Rheinischen Musikschule beschäftigt und auch ein vielbeschäftigter Cellist war. Die „Kanone-Wedder-Melodie“ – auch oft „10.Breuer-Melodie“genannt – ist insbesondere durch den Liedtext der „Kuvendsmöhn“ erhalten geblieben. Bernhard Breuer verfaßte zusammen mit Prof. Frmenich-Richartz die kölsche Operette "Die Kölner in Paris".

Karnevals-Melodie

Sie entstand kurz nach der Reformierung des Kölner Karnevals. In Breuers Operette "Die Kölner in Paris" taucht sie erstaunlicherweise zu einemhocheutschen Text auf.

Kinder-Melodie
Der Zeitpunkt der Entstehung dieser Melodie ist unbekannt. 1859 wird sie zum ersten Mal zu diesem Lied De Kinderzick verwendet. Dieses Lied gab der Melodie auch den Namen. Die Melodie wurde bis in die jüngste Zeit auch für Kinderlieder verwendet.

Kinderkräzzcher-Melodie
Komponist dieser Melodie, die auch häufig unter dem Namen Neue-Dorn-Melodie“ erscheint, ist Alexander Dorn. Als Entstehungsjahr vermutet man 1873. Als Grundmelodie wurde sie bis um 1900 oft verwendet.

Kirmes-Melodie
Matthias Joseph DeNoél verwendet die dadurch bekannt gewordene Melodie für sein Lied "Alaaf de kölsche Kirmessen"
Die Melodie wurde bis Mitte des vorvorigen Jahrhunderts vielfach verwendet.

Köbes-Melodie und Neue Köbes-Melodie
Als Urheber wird der Kölner Notar Zerhuven vermutet. Beide Melodien waren bis zur vorvorigen Jahrhundertwende sehr beliebt. In Breuers Operette "Die Kölner in Paris" finden die Melodien mehrfach Verwendung.

Körschgen-Melodie
Heinrich Körschgen schrieb zahlreiche Lieder, die neben den Weber-Melodien am beliebtesten im Kölner Karneval waren. Besonders das „Fiaker-Lied“ fand 1892 begeisterte Aufnahme, entsprach es doch ganz dem Wunsch und den Vorstellungen nach einem einheitlichen Festlied. Seit ihrer Entstehung ist diese Melodie oft als Grundmelodie verwendet worden.

Margarethen-Marsch:
Als Alfred Beines im letzten Jahrzehnt des vorvorigen Jahrhunderts sein Lied „Och leev Grietche“ brachte, muss der Refrain sofort gezündet haben. Denn spätestens seit 1895 tritt dieser Refrain unter der Bezeichnung „Och leev Grietche“ oder auch „Margarethen-Marsch“ in fast allen Liederheften auf. Der Text:
„Och, leev Grietche
Mädche ohne Gleiche
Och leev Grietche loss Dich doch erweiche
Och leev Grietche loss mich doch nit gonn
Ich liebe Dich, erhöre mich,
Wenn nit - dann 1oß et stonn!“
gab dem Marsch den Namen. Es erwies sich aber sehr schnell, dass dieser Refrain zu kurz vor. Noch im gleichen Jahr wurde dieser Fehler ausgemerzt, indem verschiedenartige Melodien dem Refrain vorgesetzt wurden. Der Volksmund hat sich auch Teile des ursprünglichen Refrains neben den Vorstrophen so zurechtgeformt, wie es am sangbarsten und einfachsten war.

Offergeld-(Gungl)-Melodie
Diese Melodie gehört ursprünglich zu dem Gedicht Die vier Jahreszeiten“ aus dem Jahre 1870. Die seinerzeitige Originalausgabe sagt: „Musik arrangiert von Fr. Offergeld. Im Tonger-Album heißt es später: „Mit Benutzung von Gungl op. 96 – Erinnerung an Petershoff“. Die Tänze von Josef Gungl erfreuten sich seinerzeit großer Beliebtheit.

Pütz-Melodien
Zahlreiche Kompositionen des Kaufmanns, Sängers, Mitbegründers des Kölner-Männer-Gesang-Vereins Andreas Pütz sind ernster und heiterer Art. Bekannt waren die 2. Bis 6. Pütz-Melodien, von denen sich die 3. Pütz-Melodie am längsten gehalten hat. Josef Roesberg hat sie für sein letztes und wohl berühmtestes Lied, das „Carousselches-Leed“ erweitert. In dieser 1868 entstandenen Form, hat sich die Melodie lange als Grundmelodie gehalten.

Schmitze Nettche-Melodie:
Hermann Kipper, 1826 in Koblenz geboren und seit 1843 in Köln, als Schüler und später als Lehrer an der Rheinischen Musikschule tätig, Teilhaber eines Klaviergeschäftes, Gesangslehrer am Apostel- und Marzellen - Gymnasium, Musik- und Theater-Referent der Kölnischen Volkszeitung, war eine ungemein fleißige und vielseitige Persönlichkeit. 1857 schuf er eine Melodie für ein gemeinsames Lied zu einer Maifeier, die später besonders bekannt wurde mit dem Text von Joseph Roesberg „Et Schmitze Nettche oder die moderne Erziehungsweise.“ Als „Schmitze Nettche-Melodie“ ist sie bis zu Beginn unseres Jahrhunderts viel verwendet worden. Dass der ursprüngliche Titel schon eine gewisse Berühmtheit hatte, beweist das Titelblatt des Liedes „Schnüsse-Tring“. Kipper erhielt 1906 den Professor-Titel; er starb 1910 in Köln.

Schnüsse Tring-Melodie:
Eine der bekanntesten Schöpfungen von Joseph Roesberg (1824-1871) ist das Lied „Schnüsse Tring oder eine moderne Dienstmagd“, erschienen im Jahre 1859. Die Melodie zu diesem Lied hat Roesberg nach einer älteren Volksweise umgeformt, die in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts mit dem Text „Die Husitten zogen vor Naumburg“ viel gesungen wurde. Unter dem Titel „Als die Römer frech geworden“ ist sie heute noch in vielen Ohren. Die von Roesberg ergänzte Melodie ist bis zu Beginn unseres Jahrhunderts regelmäßig als Grundmelodie verwendet worden.Sein schönstes und letztes Lied ist sicherlcih der Text zum "Carousselchesmann".Triumph-Melodie:
Sie ist eine der beliebtesten und dauerhaftesten Melodien des Kölner Karnevals gewesen. Erstmals fand sie 1824 Verwendung. Sie entstammt dem volkstümlichen Liedgut und ist dort bis zum Jahre 1808 zurück zu verfolgen )„Mein Lebenslauf ist Lieb und Lust“ von August Mahlmann). Ihre endgültige Bezeichnung als „Triumph-Melodie“ erhielt sie 1825, als der am Kölner Marzellen-Gymnasium tätige Johann Peter Kreuser (1795-1870) im Refrain seines Liedes „Wie herrlich tritt ins Leben ein“ anstelle der ursprünglichen Worte „Heidi, heida“ die Worte „Triumph, Triumph“ brachte. Hunderte von Texten - seltsamerweise nur wenige in Kölner Mundart - gibt es auf die Triumph-Melodie. Der bekannteste stammt von Professor Matthias Firmenich, dessen Lied „De Heizemänncher“ für die Folge 3 der „Kölsche Evergreens“ aufgenommen wurde

Weber-Melodien
Johann Franz Weber schuf eine Fülle von herrlichen Melodie, aber auch viele Texte. Sein berühmtestes Lied wurde die 1884 auf einen Text von Karl Wirts geschaffene Schusterjungen-Polka“. Die Frische der Darstellung und die Zugkräftigkeit des Refrains sorgten dafür, dass das Lied sich lange gehalten hat und die Melodie oft als Grundmelodie verwendet wurde. Die „Kölner Klatschmanns-Polka“ von 1891 gilt als wichtigstes Stück für den Kölner Karneval. Die etwas parodistische Schilderung aus dem täglichen Lben beschreibt den Tagesablauf eines Maurers (Klatschmann). Der Juja-Refrain hat sich bald selbständig gemacht. Noch heute gehört er zum Stammrepertoire jeder karnevalistischen Veranstaltung. Auch zahlreiche Walzermelodien hat Weber geschaffen. Die bekannteste ist der Kling-Klang-Walzer“, der auch als Grundmelodie häufig Verwendung.

In der Breuers Operette "Die Kölner in Paris" werden weitere kölsche Liederaufgeführt, deren Melodien aber nicht zu den Grundmelodien gehören, als da sind: "Der gerpellte Douanier" und die "Vinken-Melodie"